Dies ist mein drittes und letztes Buch-Projekt im Bereich der Fanfiction über das Skyrim-Universum.
Leseprobe
Kapitel 4: Gestrandet in Tamriel
Bei Epona, was mache ich hier? Wo bin ich?
Wasser, überall Wasser, dabei hasse ich dieses widerliche, abscheuliche Nass. Ich versinke, helft mir denn niemand!
Ich sterbe!
Oh, nein, ich bin ja bereits tot und kann gar nicht sterben. Aber diese Würgereize! Ich will das grässliche, salzige Wasser nicht trinken. Nein, ich will es nicht runterschlucken. Davon bekomme ich bloß einen dicken Bauch.
Ich versinke nicht mehr! Wieso sinke ich nicht?
Ach, ich stehe jetzt auf dem Grund.
Auf dem Grund des Meeres.
Ich fasse es nicht. Warum passiert immer mir so was?
Ich armer Gaul. Zuerst reise ich schlotternd und jammernd auf diesem großen Stück Holz und nun lande ich irgendwo da unten auf dem trüben Grund des Meeres. Das fühlt sich matschig und weich an, einfach nur widerlich.
Und wo ist meine Meisterin? Ist sie ebenfalls versunken?
Ich sehe sie nicht in diesem trüben Wasser. Bei all den läufigen Stuten auf der Welt, wo ist die Küste? Wir sahen das Stück Land, bevor wir vom Drachen angegriffen wurden. Das kann doch nicht weit entfernt sein.
Und wieder schuldet sie mir was. Hätte ich sie in den Nacken gebissen und ins Wasser geworfen, wären wir beide nur noch ein Häufchen Asche, das langsam im Meer versinkt, wie ich es gerade tue. Wieso hilft mir denn niemand? Ich bin so alleine, ich armes, totes Pferd.
––––––––––––––––––
Schattenmähne wusste weder ein noch aus.
Er wusste nur eins, er war tief im Meer versunken und spürte mit den Hufen den weichen Matsch des Grundes, der sich wie vermoderter Farn im Wald anfühlte. Um ihn herum schimmerte bloß das dunkle, trübe Wasser.
Er richtete seinen Hals nach oben und erkannte an der wabernden roten Färbung, dass die drei Koggen immer noch brannten. Als Letztes hatte er vor dem Sprung ins Wasser wahrgenommen, wie der mit seinem Feuer speienden Atem die gesamte Flotte und damit die gesamte Bruderschaft der Todesritter Drache in einem Zug vernichtet hatte. Seinem Gefühl vertrauend, hatte er sich seine Meisterin geschnappt, sie am Nacken zur Reling gezerrt und in die See hinabgestoßen.
Sie musste hier irgendwo sein, denn Schattenmähne war sich sicher, dass sie den Angriff des Drachens überlebt hatte. Vermutlich trieb sie wie er selbst irgendwo auf dem Grund des Meeres. Doch wie sollte er sie finden, wenn er keinen blassen Schimmer hatte, wo er sich befand und wie er überhaupt ans Ufer kommen sollte?
Er versank in Selbstmitleid und fing an zu wimmern, wobei er traurig mit den Hufen im matschigen Grund scharrte.
»Ich armes, totes Pferd. Das habe ich nicht verdient. Was soll ich nur tun? Ich arme Schattenmähne.«
»Schattenmähne?«, hörte er ein sanftes Flüstern. »Ist das dein Name?«
Überrascht blickte er auf und suchte nach der Quelle der Stimme.
»Da juckt mich doch der Hafer!«, rief er zur Antwort. »Ja, man nennt mich Schattenmähne. Aber wer spricht mit mir. Bin ich bereits bei Epona und reite mir ihr durch die grünen, saftigen Hügel?«
»Schattenmähne, was für ein schöner Name. Wer ist Epona? Ist sie dein Weib?«
Er schüttelte träge den Schweif, so gut es unter Wasser ging.
»Epona ist die Göttin der Pferde. Eines Tages werde ich bestimmt bei ihr sein und die Zeit bei frischem Hafer und saftigen Wiesen genießen.«
»Ach so! Und was machst du auf dem Grund des Meeres? Du bist doch ein Landtier. Wieso bist du nicht ertrunken?«
»Das liegt daran, dass ich ein untotes Pferd bin. Ich kann nicht sterben, da ich bereits tot bin.«
»Ach, wie bemerkenswert!«
»Jau, nicht wahr? Wir wurden von einem Drachen angegriffen. Ich konnte meine Meisterin und mich gerade so retten.«
»Wo ist deine Meisterin?«
»Das weiß ich eben nicht, ich habe mich verlaufen, oder verschwommen oder wie man das nennen mag. Kannst du mir helfen?«
»Womit soll ich dir helfen?«
»Ich suche meine Meisterin. Kannst du mir helfen, sie zu suchen?«
»Ist sie auch ein Pferd?«
Hätte Schattenmähne das Maul nicht voll von salzigem Wasser gehabt, hätte er laut losgewiehert vor Lachen. Dennoch stiegen ein paar Luftbläschen zwischen seinen Lefzen nach oben.
»Sie ist eine weibliche Zweibeinerin und eine edle Ritterin, ebenfalls eine Untote, wie ich. Sie hat mich erschaffen, jenseits der großen See.«
»Ach, wie bemerkenswert!«
»Jau, nicht wahr? Kannst du mir jetzt helfen? Bitte!«, flehte Schattenmähne inständig.
»Du bist ein nettes Pferdchen, ich werde dir helfen.«
»Pferdchen!«, murmelte Schattenmähne entrüstet und spürte trotz seiner Wehleidigkeit einen Anflug von männlichem Stolz. »Schau mir zwischen die Beine und ich gebe dir Pferdchen.«
»He! Spricht man so mit einer Lady, die dir helfen will?«, rügte die Stimme.
»Entschuldigung, die letzten Tage waren sehr anstrengend«, rechtfertigte er sich traurig. »Ich bin weit von zu Hause entfernt, in einem fremden Land.«
»Als du noch lebtest, hattest du wohl viele Stuten auf der Weide, was?«
Schattenmähnes erschauerte bei dieser Vorstellung, entschied jedoch, besser zu schweigen, da er sonst sicher wieder etwas Falsches sagen würde.
»Folge meiner Stimme, Schattenmähne, ich geleite dich ans Ufer«, versprach die Lady und begann, ein melodisches Lied zu summen. Im trüben Wasser konnte Schattenmähne ihrer Stimme einfach folgen und versuchte, mit einer Mischung aus Traben und Schwimmen mit dem Lied Schritt zu halten. Als das Wesen merkte, dass er langsam wurde, blieb es stehen und entfernte sich langsam wieder von ihm, sobald er es erreicht hatte.
»In der Aufregung habe ich völlig vergessen zu fragen, wie dein Name lautet und wer du bist«, sagte er, während er durch das trübe Wasser schritt, dem Ufer entgegen, wie er hoffte.
»Ja, das hast du«, meinte sie. »Ich stelle mich dir vor, sobald wir das Ufer erreicht haben. Es dauert nicht mehr lange.«
Sie verfiel wieder in das summende Lied, welches ihm die Richtung wies.
Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis Schattenmähne festeren Boden unter den Hufen spürte. Er lief eine seichte Steigung hinauf, bis er auf einmal Luft über seinem Kopf fühlte und endlich wieder Land sah.
Doch das Land sah öde und karg aus. Das Ufer war kahl und bestand aus Gestein und schroffen Felsen. Sie waren an der Mündung eines Flusses angekommen, wo jedoch außer knorrigem Gestrüpp kaum etwas wuchs.
Auf der linken Seite, im Landesinneren, ragte ein steiler Vulkan heraus, aus dem eine Wolke aus Asche emporstieg. Das ganze Land war davon bedeckt. Offenbar bewirkte die Asche, dass kaum ein Lebewesen in dieser trostlosen Einöde überleben konnte. Nur ein schmaler Streifen an den Ufern des Flusses bestand aus matten, grünen Wiesenflächen, aus denen sich hagere Gebüsche und vereinzelte Blumen hervor kämpften.
Auf der rechten Seite befand sich eine Gebirgskette, an deren Fuß zwar ebenfalls die Asche lag, doch gegen die hohen Gipfel hin überlagerten Schnee- und Eismassen die karge Landschaft.
Als Schattenmähne vollends aus dem Meer gestiegen war, trat er erleichtert auf den festen Boden. Nach den langen Wochen der Reise auf See hatte er beinahe vergessen, wie sich ein Stück Land unter seinen Hufen anfühlte.
Er schüttelte die letzten Wasserspritzer aus seinem Fell und schaute sich in der Einöde um. Bei dem Anblick wäre er am liebsten wieder zurück ins Meer gestiegen, doch das widerliche Nass hielt ihn davon ab.
Auf einem schwarzen Stein am Ufer saß eine junge Frau mit langen, welligen Haaren. Sie turg ein Gewand aus feinem Stoff, welches große Teile ihres anmutigen Körpers unbedeckt ließ. Neugierig musterte Schattenmähne die perfekt geformten Brüste, die weiblichen Hüften und die grazilen Beine. Trotz ihrer Blöße wirkte die junge Dame edel und erhaben.
Sie stand auf und kam ruhig auf Schattenmähne zu.
»Jetzt sehe ich endlich in voller Pracht deine schwarze Schönheit, Schattenmähne. Sei gegrüßt, edles Ross.«
Schattenmähe erkannte sofort die Stimme, die ihn aus dem Meer gerettet hatte, und ahnte, weshalb sie ihm so zugetan war. Die Frau hatte blasse Haut, weswegen sie sich wohl niemals der Sonne zeigte. Ihre Augen, ihre Haare und ihr feines Kleid waren von dem gleichen Schwarz wie sein Fell. Auf ihrer Schulter saß ein Rabe, der Schattenmähne neugierig beäugte.
»Seid gegrüßt, edle Dame«, begann er. »Ich bin Euch zu Dank verpflichtet.«
»Deinem Benehmen und deiner Stärke nach zu urteilen, scheinst du ein Schlachtross zu sein«, sagte sie. »Doch lassen wir die Förmlichkeiten, mein edler Kämpfer. Mein Name ist Nocturnal, die Daedrische Prinzessin der Dunkelheit und der Nacht, die Tochter der Zwietracht und des Glücks.«
»Es freut mich, dich kennenzulernen, Nocturnal«, antwortete Schattenmähne und betrachtete misstrauisch den Raben, dessen schwarze Federn einen deutlichen Gegensatz zur zarten, weißen Schulter der Prinzessin bildeten. »Wo bin ich hier gelandet?«
»Du bist in den nördlichen Ufern von Morrowind gestrandet, nahe an der Grenze zu Himmelsrand.«
Obwohl er ein Pferd und sie ein menschenähnliches Wesen war, fühlte sich Schattenmähne zu ihr hingezogen. Nicht wie zu seiner Meisterin und Erschafferin, sondern auf eine andere, freundschaftliche Weise. Er versank in ihren großen, dunklen Augen und sie erwiderte freundlich seinen Blick. Beinahe hätte er vergessen, weshalb er hier am Ufer stand.
Er seufzte durch seine Lefzen:
»Daedrisch? Prinzessin? Morrowind?«
»Lass mich erklären. Ich gehöre zu den Daedra, die seit Jahrtausenden als göttliche Wesen in den Welten unterwegs sind. Als Fürstin der Dunkelheit gehe ich gerne an diesem finsteren Ort spazieren und so sind wir uns begegnet. Ich verstehe es als Wink des Schicksals.«
»Dann danke ich auch dem Schicksal, Herrin«, entgegnete der Hengst. »Doch ich kam nicht alleine hierher. Meine Meisterin wollte nach Himmelsrand reisen. Sie muss hier irgendwo stecken. Kannst du mir vielleicht noch einmal helfen und mir sagen, wie ich sie finden kann?«
Als er seine Meisterin erwähnte, schien Nocturnal zuerst enttäuscht zu sein. Doch dann schien sie seine Verpflichtung seiner Meisterin gegegnüber in seinen Augen zu lesen und ihr Gesicht hellte sich wieder auf.
»Deine Meisterin ist in Gefahr«, erklärte Nocturnal. »Sie wurde entführt und befindet sich auf einem Boot, welches diesen Fluss hinauf fährt.«
Ein Anflug von Entsetzen schoss durch Schattenmähnes Körper. Er schaute den Fluss entlang, dessen Ufer von steilen Klippen übersät war. So war es nahezu unmöglich für ihn, Draewens Spur zu folgen.
Wieder schien Nocturnal seine fürsorglichen Gedanken zu lesen, denn sie sprach zu ihm: »Ich mag dich, Schattenmähne, und ich fühle, dass wir eine tiefere Verbindung zueinander haben. Eines Tages – ich weiß noch nicht, wie oder wo oder den Grund dafür, denn das alles liegt in der Zukunft – wird das Schicksal uns wieder zusammenführen. Daher will ich dir ein Geschenk meiner Macht geben.«
Jetzt war Schattenmähne völlig verwirrt und verstand gar nichts mehr von dem, was dieses göttliche Wesen zu ihm gesagt hatte. Aber es spielte keine Rolle. Aus einem Grund, den er sich nicht erklären konnte, vertraute er der edlen Dame so fest, wie er auch Draewen vertraute.
Nocturnal wandelte ans Ufer des dunklen Flusses und winkte ihn zu sich. Aufgrund seines Vertrauens schien die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, noch zu wachsen, deshalb gehorchte Schattenmähne gerne und stapfte zu ihr.
Mit einer geschmeidigen Bewegung ihrer schlanken Arme wirkte Nocturnal einen Zauber. Auf dem fließenden Wasser erschien ein völlig schwarzer Fleck, der sich weder bewegte noch das trübe Licht durchsickern ließ. Er hatte eine längliche, abgerundete Form und war etwa so groß, dass ein kräftiges Streitross wie Schattenmähne bequem darauf stehen konnte.
»Keine Bange, mein neuer Freund«, besänftigte Nocturnal ihn, als er argwöhnisch zu dem dunklen Punkt im Wasser schaute. »Sieh her, dies ist dein neuer Schatten. Immer, wenn du auf Wasser trittst, wirst du festen Boden unter deinen Hufen spüren. Der Schatten ist ein Teil meines Reiches in Oblivion, in dem du Schutz finden wirst, wenn die Zeit gekommen ist.«
Schattenmähne schaute in ihr Gesicht, aber er konnte keine Lüge oder eine Falle in ihren dunklen Augen erkennen. Also trat er mutig auf den schwarzen Fleck und blieb stehen und versank nicht. Vorsichtig machte er ein paar Schritte vor und zurück und sein neuer Schatten folgte ihm, sodass er auf dem Wasser wandelte.
»Und nun, Schattenmähne, treuer Diener deiner Meisterin, lauf wie der Wind. Sie ist in Gefahr. Rette sie.«
»Ich danke dir, edle Dame der Dunkelheit und der Nacht«, sagte Schattenmähne und neigte den Kopf, um ihr seinen Respekt zu zeigen. »Ich werde deine Hilfe in der Not nie vergessen. Das schwöre ich.«
Dann preschte er mit dem Geschenk der Deadrischen Fürstin davon und folgte der Spur seiner Meisterin.